11.05.2022 | EEG-Novelle: Noch kein Meisterwerk

Für Klimaschutz und Energiesicherheit reichen die Verbesserungen nicht aus

 

Biogas-Anlagen in Bräunlingen, © Plattform EE BW / A.Jung

Biogas-Anlagen in Bräunlingen, © Plattform EE BW / A.Jung

Plattform EE BW: Biogas und Wasserkraft nicht vernachlässigen

Am 12. Mai 2022 findet im Bundestag die erste Lesung zur aktuellen Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) statt. Mit dem EEG 2023 soll der dringend notwendige Ausbau der erneuerbaren Energien umfassend beschleunigt werden. Für die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (Plattform EE BW) gehen die geplanten Verbesserungen in die richtige Richtung, sind aber bei weitem nicht ausreichend. „Ein Meisterwerk ist die vorliegende EEG-Novelle noch nicht. Insbesondere bei der Bioenergie und der Wasserkraft droht durch das Osterpaket in Baden-Württemberg sogar ein Rückbau des Anlagenbestandes“, kritisiert Geschäftsführer Franz Pöter. „Doch auch bei der Photovoltaik, der Windenergie und den Wärmetechnologien gibt es Anpassungsbedarf. Mit der derzeitigen Fassung können die Klimaschutzziele nicht erreicht und die Versorgungssicherheit nicht gewährleistet werden.“

Der zügige Ausbau aller erneuerbaren Energien leistet einen wertvollen Beitrag zur Versorgungssicherheit und zum schnellen Ersatz von Kohle, Öl und fossilem Gas. Mit dem EEG 2023 sollen die künftigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um den Stromverbrauch in Deutschland im Jahr 2035 fast vollständig aus erneuerbaren Energien decken zu können. Mit diesem Ziel vor Augen und einer stetig zunehmenden Elektrifizierung aller Sektoren – sei es in der Industrie, im Verkehr oder in der Wärmeversorgung – ist eine massive und schnelle Erhöhung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nötig.

Bioenergie: Chancen vertan

Auch die Biomasse soll ihren Beitrag leisten: Bis 2030 sind gut acht Gigawatt vorgesehen. Da die Bioenergie flexibel und schnell zur Abdeckung von Spitzenlasten einsetzbar ist und der dezentralen Wärmeversorgung dient, kann sie importierte fossile Energieträger teilweise ersetzen. Diese große Chance konterkariert der vorliegende Entwurf jedoch.

Für die Bioenergie sollte ein Ziel der Erhalt und die Flexibilisierung des heutigen Anlagenparks sein. „Dazu ist es unter anderem notwendig, die Wirtschaftlichkeit von Bestandsanlagen nach Ablauf des EEG-Vergütungszeitraums sicherzustellen“, so Franz Pöter. Die Plattform EE BW fordert zudem, die sogenannte endogene Mengensteuerung und Südquote ersatzlos zu streichen, die Flexibilitätsprämie weiterzuentwickeln, regulatorische Einschränkungen für eine Erhöhung der Gasproduktion kurzfristig und temporär auszusetzen sowie die Aufteilung der Kosten für den Gasnetzanschluss zu verbessern. Auch müssen offene Biomassepotenziale erschlossen werden.

Kleine Wasserkraft auf dem Abstellgleis

Der kleinen Wasserkraft – in Baden-Württemberg über 90 Prozent der Anlagen – nimmt die Novelle des EEG jegliche Zukunftsperspektive. Der Großteil der zumeist mittelständischen Wasserkraftbetreiber ist mit viel Engagement am Werk und bemüht sich stark, der Verantwortung für das von ihnen genutzte Gewässer im Sinne des ambitionierten Wasserhaushaltsgesetzes gerecht zu werden. Dennoch sieht der Entwurf vor, als einziger Erneuerbarer den Vorrang in der Schutzgüterabwägung zu verwehren.

Zudem sollen sowohl neue als auch modernisierte Wasserkraftanlagen bis 500 Kilowatt Leistung keine Einspeisevergütung mehr erhalten. „Die Errichtung neuer Anlagen ist damit so gut wie ausgeschlossen“, klagt Pöter. „Aber auch die ökologische Modernisierung bestehender Anlagen wird damit deutlich erschwert.“ Die Wasserkraft liefert verlässliche, klimaneutrale und netzdienliche Energie, in Baden-Württemberg immerhin fast 10 Prozent der Stromerzeugung – es gilt jede Kilowattstunde davon zu erhalten, indem der Förderstopp gestrichen und das öffentliche Interesse an der Wasserkraft anerkannt wird.     

Änderungen auch bei Photovoltaik und Windenergie nötig

Bei der Photovoltaik sind bis 2035 rund 309 Gigawatt (GW) installierte Leistung erforderlich. Die Zielsetzung ist ambitioniert: Damit der Zubau in diesem Maße gelingt, müssen auch in Baden-Württemberg deutlich mehr Flächen für Solarparks zur Verfügung gestellt werden. Zudem wurde bei der Anpassung des EEG bislang versäumt, die Vergütung für die Überschusseinspeisung anzupassen, die in den letzten Jahren deutlich stärker als die Anlagenpreise gesunken ist. PV-Anlagen werden dadurch kleiner und „eigenverbrauchsoptimiert“ gebaut, da sich die Einspeisung des nicht selbst verbrauchten Solarstroms nicht lohnt. Insgesamt muss der regulatorische Rahmen – Zertifizierung, Voraussetzung für Netzanschluss und -einspeisung, steuerrechtliche Aspekte – spätestens im Sommerpaket entbürokratisiert und vereinfacht werden.

Bei der Windenergie an Land soll der Zubau auf 157 Gigawatt steigen. Die Steigerung der Ausbauziele ist politisch ein wichtiges Signal. Ein Erreichen der Ziele kann jedoch nur dann gelingen, wenn eine deutlich größere Flächenbereitstellung sichergestellt wird, Genehmigungshemmnisse beseitigt sowie Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Hier wird das Sommerpaket die zentralen Weichen stellen müssen. Das im Vorgriff darauf vorgestellte Eckpunktepapier zum naturverträglichen Ausbau birgt jedoch erhebliche Risiken, die einem erfolgreichen Neustart der Windkraft in Deutschland und Baden-Württemberg im Wege stehen. Hier sind weitere Konkretisierungen zwingend notwendig.

Erneuerbare Wärme auch als überragendes öffentliches Interesse definieren

Die Wärmewende möglichst rasch zu realisieren ist für die Erreichung der Klimaneutralität unerlässlich. Schließlich macht die Wärme mehr als 50 Prozent des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs aus und wird doch erst zu etwa 16 Prozent erneuerbar erzeugt. Der Wärmesektor wird primär im Sommerpaket behandelt, doch eines sollte jetzt schon verankert werden: „Der Vorrang in der Schutzgüterabwägung muss auch auf Wärmetechnologien erweitert werden“, fordert Pöter. Eine klimaneutrale Wärmeversorgung braucht ferner gesicherte Flächen für Erzeugungsanlagen und Wärmenetzinfrastruktur. „Zudem sollte die finanzielle Förderung der Fernwärmeerzeugung durch das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) in ihrer heutigen Form grundlegend überarbeitet werden mit dem Ziel, den Anteil der Erneuerbaren in der Fernwärme rasch zu erhöhen“, so Pöter weiter.

Ein weiterer Punkt: Neue Wärmenetze und große Wärmespeicher sind eine Grundvoraussetzung für eine Sektorenkopplung mit Hilfe großer Wärmepumpen. Nur so kann die dringend notwendige Lastverschiebung bei der Nutzung von Wind- und Solarstromüberschüssen gelingen. Für die Umsetzung der Wärmewende muss daher das für 2020 vorgesehene Bundesförderprogramm Effiziente Wärmenetze (BEW) sofort in Kraft treten. Viele Wärmenetzprojekte können deshalb seit Jahren nicht gebaut werden.

Geothermie: Degression bei der Vergütung verschieben

Auch die Geothermie hat ein sehr großes Potenzial, in einigen Regionen Deutschlands – etwa dem Oberrheingraben in Baden-Württemberg – zur Energie- und Wärmewende beizutragen. Hier ist es besonders wichtig, Förderinstrumente für die Strom- und Wärmeerzeugung aufeinander abzustimmen. Da Wärmenetze typischerweise erst nach Errichtung der Geothermieanlage entstehen, ist die EEG-Vergütung für die Investitionssicherheit daher äußerst relevant. In diesem Zusammenhang sollte die geplante Degression der Vergütungssätze verschoben werden, bis sich ein tatsächlicher Ausbau der Geothermie und damit Kostenvorteile ergeben haben.

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