Plattform EE BW macht Vorschläge, wie der Ausbau der Erneuerbaren weiter beschleunigt werden kann.
Der Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg geht nur langsam voran. Im Jahr 2022 wurden lediglich neun neue Anlagen errichtet. Im Jahr zuvor lag der Zuwachs noch bei 25 Windenergieanlagen. Einen kleinen Lichtblick gab es dagegen bei der Photovoltaik: 2022 ist der Solarstromzubau um rund 25 Prozent auf knapp 800 MW gewachsen. Die Zahlen sind aufgrund von Meldefristen noch vorläufig. „Trotz des Zuwachses muss der jährliche Zubau sowohl bei der Photovoltaik als auch bei Windenergie noch viel höher sein, damit die Landesziele für die klimafreundliche, sichere und günstige Energieversorgung Realität werden. Die erneut geringen Zubauzahlen müssen ein Weckruf sein, die Anstrengungen für den EE-Ausbau auf allen Ebene zu forcieren“, so Franz Pöter, Geschäftsführer der Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (Plattform EE BW). Der Branchenverband sieht positive Anzeichen für mehr und schnellere Genehmigungen, die sich aber erst in den nächsten Jahren in den Zubauzahlen niederschlagen werden, und hat Vorschläge zur Beschleunigung präsentiert.
Generell gilt: „Bei der Energiewende im Südwesten brauchen wir mehr Durchsetzungskraft“, fordert Franz Pöter von der Plattform EE BW. „Im Erneuerbare-Energien-Gesetz ist festgehalten: Erneuerbare Energien liegen im überragendem öffentlichen Interesse und dienen der nationalen Sicherheit. Die Genehmigungsbehörden vor Ort müssen jetzt bei Abwägungsentscheidungen konsequent danach handeln. Dazu muss die Landesregierung den nachgeordneten Genehmigungsbehörden eindeutige Handlungsanweisungen geben und dort zugleich weitere Stellen mit dem Verantwortungsbereich Klimaschutz schaffen.“
Rückschritt bei der Windenergie – Anlauf für mehr Windparks
Die Zahlen zur Windenergie machen deutlich, dass im Südwesten mehr passieren muss. Die neu installierte Gesamtleistung sank von 111 Megawatt (25 neue Anlagen 2021) auf nun nur noch rund 38 Megawatt (neun neue Anlagen 2022). Um die Klimaziele zu erreichen, müssen bis 2030 im Durchschnitt pro Jahr rund 100 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 530 Megawatt errichtet werden, mehr als zehnmal so viel wie aktuell. Zum Vergleich: Spitzenreiter Schleswig-Holstein kam auf 132 neue Anlagen, die neu installierte Leistung beträgt 545 Megawatt.
Positiver ist der Blick in die Zukunft. 2022 wurden Genehmigungen für 41 neue Windräder im Land ausgesprochen. 2021 lag diese Zahl noch bei zehn Genehmigungen. Nach Brancheneinschätzung befinde sich zudem deutlich mehr Projekte in der Vorgenehmigungsphase. „In den nächsten Jahren wird der Zubau daher voraussichtlich spürbar zunehmen. Voraussetzung ist jedoch eine massive Beschleunigung der Abläufe in den Verfahren zur Genehmigung und zur Flächenausweisung. Wir brauchen das Tempo wie bei den LNG-Terminals!“, sagt Jörg Dürr-Pucher, Vorsitzender der Plattform EE BW.
Um den Windenergieausbau auf die Spur zu bringen, schlägt die Plattform EE BW die vorrangige Ausweisung der windstärksten Flächen ab 215 Watt pro Quadratmeter (W/m²) auch bei hohem Artenschutz-Konfliktpotenzial sowie die vorrangige Ausweisung der windschwächeren Standorte ab 190 W/m² bei niedrigem bis mittlerem Artenschutz-Konfliktpotenzial vor. „Gerade in den Hochlagen des Schwarzwaldes muss ein Kompromiss geschlossen werden zwischen dem Auerhuhn und der Windkraft, der nicht 100 Prozent Auerhuhn und null Prozent Windenergie heißt“, so Dürr-Pucher weiter.
In der Taskforce für den Ausbau der erneuerbaren Energien sind mit der Planungsoffensive, den Ausschreibungen von Forst BW und den Hinweisen zum Denkmalschutz bereits einige wichtige Weichenstellungen vorbereitet worden, die die Ausbaugeschwindigkeit hochfahren könnten. Diese gilt es nun konsequent umzusetzen. Für Windenergie – und Photovoltaik gleichermaßen – wichtig wäre, dass sich die Öffnung von Landschaftsschutzgebieten (Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes) und der regionalen Grünzüge (Task Force BW) auch tatsächlich in der Planungs- und Genehmigungspraxis widerspiegelt.
Fortschritt beim Photovoltaikausbau reicht nicht – Zubau weiter steigern
Der Photovoltaikzubau im Land verzeichnete dagegen ein Wachstum. 2022 sind Solarstromanlagen mit einer installierten Leistung von insgesamt 780 Megawatt zugebaut worden. Das zeigen vorläufige Auswertungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW). 2021 lag der Ausbau noch bei 621 Megawatt. Zum Vergleich: Der Spitzenreiter Bayern kommt 2022 auf etwa 2.100 Megawatt. Soviel muss der Südwesten pro Jahr bis 2030 zubauen, um die Klimaziele zu erreichen. „Die Änderungen der energiepolitischen Rahmenbedingungen im vergangenen Jahr haben sich direkt im Markt ausgewirkt. Die Tendenz stimmt, die Zubaumengen müssen jedoch weiter gesteigert und mit einer Fachkräfteoffensive zusätzliche Kapazitäten bei den Installationsbetrieben geschaffen werden“, sagt Franz Pöter.
Insbesondere im Bereich der Freiflächenphotovoltaik sieht die Plattform EE BW weiterhin ein erhebliches Defizit in Baden-Württemberg. „Von den 500 Megawatt pro Jahr, die in der Freiflächenverordnung des Landes möglich und aus unserer Sicht nötig sind, wird bislang nur ein Bruchteil genutzt“, erläutert Pöter. Das lässt sich ändern, in dem Regelungen vereinfacht werden. So sollten Solarparks in die Liste der Bauwerke aufgenommen werden, die generell von einer Prüfstatik befreit sind. Dazu müsse die Landesbauordnung ergänzt werden. Nicht zuletzt gilt es auch bei Solarparks steuerliche Aspekte zu klären. Insbesondere die vorgenommen Änderungen bei der Grundsteuer blockiert die Flächensicherung für Freiflächenanlagen und müsse revidiert werden. Die Umsetzung der Vorschläge würde die Errichtung von Solarparks beschleunigen.
Verbesserungen beim Netzanschluss nötig
Neben dem Ausbau der Stromerzeugungskapazitäten hinkt auch der Ausbau der Netzanschlussmöglichkeiten hinterher. „Der schleppende Ausbau der Einspeisemöglichkeiten treibt die Kosten für Wind- und Solarparks in die Höhe. Hier können bislang unübliche Lösungen Abhilfe bringen. Beispielsweise in dem die hybride Einspeisung, also der Anschluss eines Solar- und eines Windparks an einem gemeinsamen Einspeisepunkt über die vorhandene Nennleistung hinaus möglich ist. Da selten beide EE-Parks gleichzeitig die volle Leistung erbringen können beide gleichzeitig Strom ins Netz einspeisen und durch intelligente Steuerung eine Überlastung vermieden werden“, so Franz Pöter. Die Plattform EE BW rechnet mit einem Bedarf von mehr als 50 Terawattstunden (TWh) Solarstrom und über 30 TWh Windstromanteil in Baden-Württemberg im Jahr 2040.
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