12.03.2025 | Achtfache Leistung bei Windenergie und sechsfache bei Photovoltaik nötig

Wo Baden-Württemberg bei der Energiewende steht – und was noch zu tun ist

 © Plattform EE BW / Kuhnle & Knödler

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Plattform Erneuerbare Energien zeigt, wie der Ausbau zu schaffen ist und erhofft sich von der künftigen Bundesregierung verlässliche Rahmenbedingungen

Es ist eine wirtschaftliche, gesellschaftliche und klimapolitische Notwendigkeit – das Land Baden-Württemberg braucht mehr Erneuerbare Energien. Wie viel Windenergie, Photovoltaik und andere Erneuerbare nötig sind, hat nun die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (PEE BW) ermittelt. Die Zahlen zeigen, dass der Aufholbedarf enorm, aber möglich ist. Bei der Windenergie etwa muss die installierte Leistung von derzeit 1.900 Megawatt bis 2040 auf 15.000 Megawatt wachsen – um den Faktor acht. Die Photovoltaik muss fast um den Faktor sechs zulegen – von aktuell 12.400 Megawatt installierter Leistung auf dann 70.000 Megawatt. Bei den weiteren erneuerbaren Energien ist dagegen weniger Wachstum erforderlich. Wichtig sei aber der Ausbau des Stromnetzes und mehr Speicher, so Jürgen Scheurer, Geschäftsführer der PEE BW. Wie das alles zu schaffen ist, dafür hat der Branchenverband jüngst in einer Fachveranstaltung Vorschläge vorgelegt.

Das von CDU/CSU und SPD vorgelegte Sondierungspapier lässt den Branchenverband auf verlässliche Rahmenbedingungen hoffen. Danach wollen die beiden Partner „alle Potenziale der Erneuerbaren Energien nutzen“. Dazu gehört neben dem entschlossenen und netzdienlichen Ausbau von Sonnen- und Windenergie unter anderem auch der Ausbau von Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie und Speicherkapazitäten. „Aus Sicht der PEE BW sehr erfreulich ist, dass unsere langjährige Forderung nach einer Grüngasquote Eingang in das Sondierungspapier gefunden hat“, erklärt Jürgen Scheurer.

Strom: Mehr als 100 Terawattstunden Erneuerbare pro Jahr

Mehr Erneuerbare Energien braucht das Land: Das ist allen verantwortlichen Akteuren mit Ausnahme weniger klar. Bis zum Jahr 2040, dann will Baden-Württemberg klimaneutral sein, ist ein massiver Ausbau vor allem der Windenergie und der Photovoltaik nötig. Die Anzahl der Windräder muss von heute knapp 800 auf 3.000 steigen, bei der Photovoltaik müssen 130.000 neue Anlagen pro Jahr hinzukommen. Die Photovoltaik würde dann mehr als 50 Terawattstunden Strom pro Jahr liefern, die Hälfte des Strombedarfs wäre dann durch Solarstrom gedeckt. Die Windenergie würde mehr als 30 Terawattstunden im Jahr bereitstellen, rund ein Drittel.

Die anderen Erneuerbaren Energien würden 15 Terawattstunden zur Energieversorgung der Zukunft beitragen. Biogas, Wasserkraft, Holzenergie und Geothermie sind alle nicht volatil, ihre Erzeugung schwankt nicht wie bei Wind und Sonne. Zusammen würden Windenergie, Solar und die nicht volatilen regenerativen Energiequellen mehr als 100 Terawattstunden Strom bereitstellen – in diesem Fall wären nur geringe Mengen an Stromimporten aus Norddeutschland und dem Ausland nötig.

Biogas verbessert sich in diesem Szenario leicht von 600 Megawatt installierter Leitung auf 835 Megawatt und liefert dann nicht mehr drei, sondern 5,3 Terawattstunden Strom. Die Wasserkraft wächst leicht von 830 auf 1.000 Megawatt und trägt mit fünf Terawattstunden (vorher 4,3 Terawattstunden) zur klimafreundlichen Stromversorgung bei. Auch die Holzenergie liefert 400 Megawatt elektrische Leistung.

Wärme: Künftig 75 Terawattstunden jährlich

Um die Wärmeversorgung ebenfalls klimafreundlich zu gestalten, sind bis 2040 rund 57 Terawattstunden erneuerbare Wärme erforderlich. Liefern können das, etwa in Wärmenetzen, unter anderem Solarkollektoren, Wärmepumpen, klein oder groß, die tiefe Geothermie und die Holzenergie. Beispiel tiefe Geothermie: Die Nutzwärme steigt in dem Szenario von aktuell 100 Gigawattstunden pro Jahr auf 3,7 Terawattstunden jährlich.

Zudem brauche es eine kluge Sektorenkopplung, damit die Wärmeversorgung, aber auch die Mobilität sowie die Industrie klimafreundlich wird, so die PEE BW. Dazu müssen das Stromnetz, Großbatteriespeicher und die Wasserstofferzeugung massiv ausgebaut werden. Auch das bidirektionale Laden von Elektroautos spiele hier eine wichtige Rolle. Sie ziehen nicht nur Strom aus dem Netz, sondern speisen auch wieder zurück.

Das ist nun zu tun – Photovoltaik und Windenergie

Um den massiven Ausbau zu schaffen, müsse der Bund etwa die künftige Förderung für Photovoltaik ab 2027 so gestalten, dass Anlagenbetreiber und finanzierende Banken mit ihr verlässlich kalkulieren können. Das bisherige Fördersystem über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist nur bis Ende 2026 europarechtlich abgesichert. Nötig sei endlich auch ein Bundesgesetz zur Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der EU (RED III). Die RED III verlangt, Beschleunigungsgebiete für die Errichtung von Photovoltaikanlagen auszuweisen. Planung, Genehmigung und Umsetzung sollen hier einfacher werden. Auch müsse es eine Vereinfachung beim „Energy Sharing“ geben. Damit ist die gemeinschaftliche Stromerzeugung und der gemeinsame Verbrauch in räumlichem Zusammenhang einschließlich der Nutzung des öffentlichen Stromnetzes gemeint, etwa in Wohngebieten.

Bei der Windenergie brauche es ebenfalls eine Reform der Förderung. Sie müsse den Ausbau weiter unterstützen und nicht verlangsamen, so Jürgen Scheurer von der PEE BW. Die Regionalverbände sollten zudem die Geschwindigkeit bei der Flächenausweisung beibehalten und ihre Regionalpläne wie angekündigt Ende September 2025 rechtskräftig werden lassen. Besonders wichtig ist dem Branchenverband eine gemeinsame Nutzung von Netzverknüpfungspunkten. Konkret heißt dies: Solar- und Windparks sollen an einem gemeinsamen Einspeisepunkt mit einer höheren Leistung als die des Trafos angeschlossen werden können. Da selten beide Parks gleichzeitig die volle Leistung erbringen, könnten sie problemlos an derselben Stelle Strom ins Netz einspeisen und durch intelligente Steuerung eine Überlastung vermeiden. Das senkt die Kosten und bedeutet einen Zeitgewinn für den Netzausbau.

Aufgaben für jetzt – Biogas, Wasserkraft, Holzenergie und Geothermie

Bei Biogas müsse unter anderem die Flexibilisierung und die Kraft-Wärme-Kopplung weiter vorangetrieben werden. Flexible Biogasanlagen erzeugen dann Strom, wenn der Bedarf hoch ist. Dafür erhalten die Betreiber einen Zuschlag. Die dabei entstehende Wärme sollte zum Einsatz kommen, etwa für ein Wärmenetz. Bei der Wasserkraft sei beispielsweise eine Planungssicherheit bei der Förderung wichtig. Die Holzenergie wiederrum müsse als elementarer Baustein der Energie- und Wärmewende anerkannt werden. Bei der tiefen Geothermie brauche es unter anderem zusätzlich zum Beschleunigungsgesetz auch eine Investitionsoffensive.

Darüber hinaus müssten Netzbetreiber und Projektierer institutionalisiert kooperieren, um den Ausbau des Stromnetzes an die Geschwindigkeit des Erneuerbaren-Ausbaus anzupassen. Die Regionalpläne müssten zudem den Stromnetzzustand und die Netzentwicklungspläne klug berücksichtigen. Und grundsätzlich gelte weiterhin: „Die Genehmigungs- und Planungsverfahren müssen massiv beschleunigt werden, was den Erneuerbaren- und den Stromnetz-Ausbau angeht“, betont Jürgen Scheurer.

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