Viele Unternehmen machen deutlich, dass der Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg dringend mehr regenerative Energie benötigt. Viele Windenergieprojekte, die vor zehn Jahren noch blockiert worden sind, werden jetzt neu aufgegriffen. Projektierer, Genehmigungsbehörden, Regionalverbände und Kommunen arbeiten unter Hochdruck an der Planung von Windparks. Jetzt gilt es, die Hindernisse auf Basis der neuen Rechtslage schnell und rechtssicher zu überwinden. Dazu hat der Landesverband Baden-Württemberg des Bundesverbands Windenergie e.V. (BWE) beim Windbranchentag Baden-Württemberg 2023 am 15. Juni die wichtigsten Schritte in einem Forderungspapier vorgestellt, um die von Bund und Land angestrebte Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie zu realisieren. Insgesamt 20 Einzelmaßnahmen in den vier Bereichen Flächenausweisung, Natur- und Artenschutz, Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, und Ausbau der Netzinfrastruktur werden benannt.
„Alle reden vom Turbo für die Erneuerbaren – wir haben die dafür wichtigsten Schritte jetzt in ein Forderungspapier gegossen, um die Landesregierung bei dieser Jahrhundertaufgabe zu unterstützen“, erklärt Julia Wolf, Vorsitzende des BWE Landesverband Baden-Württemberg. Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene wurden viele relevante Weichenstellungen vorgenommen, um insbesondere den Ausbau von Windenergie voranzutreiben. Das Land Baden-Württemberg will zur Erreichung der eigenen Klimaschutzziele bis zum Jahr 2030 1000 neue Windenergieanlagen (WEA) in Betrieb sehen. Bis zum Jahr 2040 sollen dann nochmals 1500 weitere WEA ans Netz gehen. Das entspricht rund 5500 MW an klimafreundlichem Windstrom, der kostengünstig die Bedarfe der Industrie und Wirtschaft aber auch der Bürgerinnen und Bürger bedient. „Die Windenergiebranche in Baden-Württemberg begrüßt die Anstrengungen der Landesregierung, um die eigenen Ziele zu erreichen. Und wir stehen geschlossen bereit, bei der Umsetzung zu unterstützen. Als Projektierer wissen wir aus unserer täglichen Arbeit, wo noch Hindernisse liegen“, führt Julia Wolf aus.
Bisher ist das Bundesland trotz aller Bemühungen weiterhin Schlusslicht beim Ausbau der Windenergie. So sind aktuell nur 764 WEA in Baden-Württemberg am Netz. Laut Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) sind im gesamten Jahr 2022 nur fünf neue WEA in Betrieb gegangen. Auch im laufenden Jahr sind es nach zwei Quartalen nur fünf neue WEA am Netz. Dabei mangelt es nicht an Potential. „Geeignete Flächen mit genug Wind gibt es überall im Ländle“, so Julia Wolf. „Auch unter den ungünstigsten Ausschreibungsbedingungen haben wir im Ländle wirtschaftliche Windmühlen gebaut und betrieben. Wenn wir Baden-Württemberg zum Vorzeigeland der Erneuerbaren machen wollen, müssen wir aber verlässlich und im großen Stil auf die am besten geeigneten Flächen zugreifen dürfen und brauchen viele und vor allem schnelle Genehmigungen“, appelliert die Vorsitzende.
Die Task Force zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien hat einige Maßnahmen erarbeitet, um die Flächenausweisung für Windenergie in der Regionalplanung zu erleichtern und die Genehmigungsprozesse zu beschleunigen. „Leider sehen wir derzeit, dass der Geist der Gesetzgebung noch nicht überall angekommen ist. So werden in manchen Regionalverbänden die Möglichkeiten, die die Task Force geschaffen hat, beispielsweise hinsichtlich des Denkmal- und Artenschutzes nicht ausgereizt“, konstatiert Raphael Montigel, Leiter der Geschäftsstelle des BWE Landesverband Baden-Württemberg. Ein ähnlich düsteres Bild zeichnet der Branchenverband vor dem Hintergrund der Genehmigungszahlen. „Die heute erteilten Genehmigungen sind der Temperaturfühler für den Ausbau von morgen – und im ersten Quartal 2023 wurde nur eine einzige Genehmigung erteilt“, ergänzt Raphael Montigel.
Der Ausbau der Wind- und Solarparks muss besser als bisher mit dem Ausbau der Stromnetze synchronisiert werden. Dafür hat die Task Force die Weichen gestellt. Jetzt müssen die Projekte mit Nachdruck vorangetrieben werden. Wind- und Solarparks müssen am gleichen Netzverknüpfungspunkt Strom einspeisen können. Genehmigungsverfahren müssen massiv beschleunigt werden. Der Bau von Umspannwerken, sogenannten Strom-Steckdosen muss massiv beschleunigt werden. Erneuerbare Energien-Unternehmen und Netzbetreiber müssen beim Netzausbau viel enger als bislang kooperieren. Denn die einzelnen WEA produzieren heute doppelt so viel Strom wie vor zehn Jahren und der technische Fortschritt geht weiter.
Durch die Flächenausweisungen der Regionalverbände sind die Konflikte mit dem Natur- und Artenschutz theoretisch weitgehend entschärft worden. Diesen Paradigmenwechsel müssen die Genehmigungspraxis und die Rechtsprechung jetzt praktisch nachvollziehen. Wenn nur etwa zwei Prozent der Landesfläche für Windparks ausgewiesen werden, dann müssen dort auch die etwa 3000 WEA gebaut werden können um die notwendigen 30 Terrawattstunden Windstrom in Baden-Württemberg bis spätestens 2040 produzieren zu können. Damit die Windenergie in Baden-Württemberg endlich durchstartet und günstigen, sauberen Strom für die Bürgerinnen und Bürger und die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie die global player und hidden champions produzieren kann, müssen jetzt alle Akteure liefern. „Aber wir müssen jetzt wirklich klotzen. Und genau dafür haben wir mit unserem Forderungspapier die dringendsten Schritte vorgezeichnet“, so Julia Wolf.
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Zum Forderungspapier „Aufwind jetzt! Windbranchentag 2023"