Der Ausbau der erneuerbaren Energien im Südwesten hinkt weiter den Zielen hinterher. Bei der Windenergie etwa wuchs der Bestand von Januar bis August 2021 nur um knapp 20 Windenergieanlagen. Das ist ein Fünftel der aktuellen Pläne für das gesamte Jahr. Darauf weist die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (Plattform EE BW) hin. Auch bei der Photovoltaik ist der Zubau noch zu niedrig. Baden-Württemberg benötige daher dringend ein Sofortprogramm für erneuerbare Energien, fordert der Vorsitzende der Plattform EE BW, Jörg Dürr-Pucher. Bis zum Jahresende sollten den engagierten Worten im Koalitionsvertrag und dem Entwurf des Klimaschutzgesetzes konkrete Taten folgen. „Wir brauchen mehr Engagement beim Ausbau der Windenergie, Photovoltaik, Tiefengeothermie, Wasserkraft und Bioenergie sowie beim Vorantreiben der Wärmewende“, so Dürr-Pucher. Das Maßnahmenbündel des Branchenverbandes könne sofort umgesetzt werden.
Die seit rund vier Monaten amtierende neue baden-württembergische Landesregierung ist mit vollmundigen Ankündigungen in die Legislaturperiode gestartet. Baden-Württemberg zum Klimaschutzland Nr. 1 zu machen, ist das erklärte Ziel. Beispiel Windenergie: Pro Jahr sollen im Schnitt mehr als 100 Windenergieanlagen errichtet werden, bis 2030 insgesamt 1.000. Doch noch ist vom neuen Schwung nicht viel in konkreten Projekten angekommen, das zeigen auch die neuen Zahlen. In den ersten acht Monaten dieses Jahres wurden laut Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur 21 Windenergieanlagen im Südwesten neu errichtet und drei alte außer Betrieb benommen. Für die Photovoltaik ist der Zubau auch zu niedrig, hier kamen bislang nur rund 370 Megawatt installierte Leistung hinzu. Nötig ist mindestens drei- bis viermal so viel.
Mehr Unterstützung der Landesregierung nötig
„Wir wissen, dass man den Schalter nicht einfach umlegen kann und schon errichten alle begeistert Windräder und Solarparks. Es ist daher gut, wenn sich die Landesregierung um passende Rahmenbedingungen kümmert. Es reicht aber nicht aus. Wir brauchen auch mehr Unterstützung für konkrete Projekte und Vorhaben“, so Pöter.
Die Plattform EE BW schlägt deshalb ein Maßnahmenbündel vor, das bis zum Jahresende umgesetzt werden kann.
• Windenergie: Hier müssen direkt konkrete Ausschreibungen für Flächen im Staatswald starten und bestehende Projekte, die in der Warteschleife sind, neu bewertet werden.
• Photovoltaik: Mindestens 3-5 Pilotvorhaben für mit Photovoltaik überdachte (bestehende) Parkplätze der öffentlichen Hand bauen und ein generelles Förderprogramm ausarbeiten. Die in der Freiflächenverordnung festgelegte Begrenzung des Ausbaus von Solarparks von 100 Megawatt pro Jahr auf mindestens 300 Megawatt erhöhen.
• Tiefengeothermie: Aufstockung des Personals beim Landesbergamt (LGRB), damit die von der Branche erwartete größere Anzahl an Projekten schnell bearbeitet werden bzw. die Realisierung der Projektschritte unterstützend begleitet werden kann.
• Wasserkraft: Aus bestehenden Potenzialanalysen 20 Standorte für neue Wasserkraftwerke an ökologisch unkritischen Stellen (z. B. an bestehenden Querbauwerken) auswählen und konkrete Planungen unterstützen.
• Bioenergie: Umfassende Bioökonomie-Studie mit lokal aufgelöster Potenzialerhebung des Holzvorkommens in Baden-Württemberg. Für größere Biogasanlagen ohne Wärmenutzung die Einspeisung von Biomethan ins Gasnetz fördern.
• Wärmewende: Ergänzend zur Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) muss ein konkretes Landesförderprogramm auf den Weg gebracht werden. Insbesondere der Bau von Wärmenetzen, Wärmespeichern und großen Wärmepumpen braucht schnell neue Impulse durch konkrete Modellprojekte, um den Städten die Relevanz dieser Infrastruktur auch für die derzeitige Erstellung der kommunalen Wärmepläne aufzuzeigen.
Mehr Druck auf den Bund ausüben
Darüber hinaus muss sich Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern für verbesserte Rahmenbedingungen auf Bundesebene einsetzen und unmittelbar nach der Bundestagswahl neue Initiativen starten, beispielsweise zu höheren Ausbaumengen, einem bundesweiten Flächenziel von mindestens zwei Prozent für Windenergie- und Photovoltaikanlagen und die Verankerung des öffentlichen Interesses am Bau von erneuerbare Energieanlagen im Planungsrecht.
„Jegliche Investition in eine klimaschonende erneuerbare Energieerzeugung ist gut angelegt. Es ist höchste Zeit direkter zu handeln und zusammen mit Kreisen und Kommunen den Weg dafür frei zu machen, Anlagen zu bauen. Nur dann gelingt es, die Energiewende und den Klimaschutz im Land kraftvoll voranzutreiben“, so Dürr-Pucher.
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