Plattform Erneuerbare Energien beteiligt sich an der Untersuchung
In Baden-Württemberg sollen in den nächsten Jahren immer mehr Windräder und Photovoltaikanlagen errichtet werden. Der nur schleppend vorankommende Netzausbau droht den Anschluss der Erneuerbare-Energien-Anlagen jedoch zu blockieren oder erheblich zu verzögern. Das Problem zumindest teilweise lösen könnte künftig eine verstärkte gemeinsame Einspeisung von Wind- und Solarparks in das Stromnetz. Möglich ist dies über eine höhere Auslastung der Transformatoren in den Umspannwerken. Das Potenzial der bislang von den Netzbetreibern nicht erlaubten Möglichkeit untersucht das Fraunhofer IEE derzeit im Auftrag des Bundesverbandes Erneuerbare Energien in einer Forschungsstudie. Der Verband Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (PEE BW) ist an der Studie beteiligt. Die Ergebnisse sollen dem Gesetzgeber die Vorteile der effizienteren gemeinsamen Nutzung der Trafostationen aufzeigen und Betreiber sowie Projektierer in die Lage versetzen, ihr Vorhaben zu berechnen.
Im Südwesten sind aktuell rund 13.000 Megawatt erneuerbare Stromerzeugungsleistung installiert. In den nächsten Jahren soll sich das vervielfachen. Allein bei der Photovoltaik ist pro Jahr eine installierte Leistung von zusätzlich 4.000 Megawatt erforderlich. Die Zahlen bei der Windenergie reichen von 500 bis 1.000 Megawatt jährlich. Der Ausbau der Netze und Netzanschlussmöglichkeiten im Land hinken dem Ausbauplan jedoch hinterher.
Dies betritt auch Windenergie- und Solarparks, die künftig einen guten Teil des Erneuerbaren-Ausbaus stemmen sollen. Allein die Lieferzeiten für die neuen Transformatoren in den Umspannwerken – sie verbinden die verschiedenen Spannungsebenen des Stromnetzes miteinander – betragen derzeit bis zu 50 Monate. Auch die Berechnungen der Netzbetreiber für die Anbindung ans Netz dauern lange. „Dies könnte die Energiewende im Südwesten hinauszögern und die Kosten für Wind- und Solarparks in die Höhe treiben“, sagt Jürgen Scheurer, Geschäftsführer der PEE BW.
Warum nicht effizienter gemeinsam in das Netz einspeisen?
Eine teilweise Lösung des Problems ist dabei seit langem bekannt, zumindest in der Erneuerbaren-Branche. Sie wird mit dem Begriff „gemeinsame Nutzung von Netzverknüpfungspunkten“ bezeichnet und von Fachleuten seit langem gefordert. Konkret heißt dies: Solar- und Windparks sollen an einem gemeinsamen Einspeisepunkt mit einer höheren Leistung als die des Trafos angeschlossen werden können. Da selten beide Parks gleichzeitig die volle Leistung erbringen, könnten sie problemlos an derselben Stelle Strom ins Netz einspeisen und durch intelligente Steuerung eine Überlastung vermeiden.
Ein Beispiel: Verfügt der Windpark über drei Windräder mit jeweils fünf Megawatt installierter Ausgangsleistung und der Solarpark über fünf Megawatt, muss der Trafo am Netzanschluss derzeit 20 Megawatt Eingangsleistung haben. Dabei wird diese Leistung meist nicht benötigt. Windenergieanlagen haben in der Zeit von November bis Februar oft die höchste Einspeiseleistung, Solaranlagen dagegen in der Sommerzeit. Eine Trafoleistung von rund 15 Megawatt reicht daher in der Regel aus. Käme es doch zu einer höheren Einspeisung können die Anlagen abgeregelt oder der überschüssige Strom gespeichert werden.
Ein solches Vorgehen würde mehr neue Wind- und Solarparks bei gleichen oder sogar sinkenden Netzanschlusskosten ermöglichen. Weniger neue Trafos hieße auch eine kürzere Realisierungsdauer der Ökostromanlagen. Doch dieses Vorgehen ist von den Netzbetreibern nicht gern gesehen und wird meist nicht erlaubt. Argumente für eine Änderung soll nun eine Studie liefern, die der Bundesverband Erneuerbare Energien an das renommierte Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE in Kassel in Auftrag gegeben hat. Die Forschenden analysieren in der Studie die Einspeisepotenziale der Windenergie und Photovoltaik in Deutschland flächendeckend auf Basis von Satellitendaten mit einem Raster von sechs mal sechs Kilometer. Das erlaubt eine detaillierte Prognose, wie groß die Parkleistung und der dazugehörige Energieertrag sein können, um den Trafo optimal auszulasten, ohne jedoch die Stabilität des Netzes zu gefährden.
Nutzen für alle: Betreiber, Projektierer und die Gesellschaft
Die Prognose zeigt auch, wie hoch die Verluste durch Abregelung der Windräder und Solaranlagen sein werden, falls die Anlagen zu viel in das Netz einspeisen. Darüber hinaus ermitteln die Forscherinnen und Forscher über das Jahr hinweg, wie viel Einspeisepotenzial eines Trafos nicht genutzt werden wird. Im ersten Fall erlaubt das den Einsatz etwa von Batteriespeichern oder Elektrolyseuren, im letzten Fall das Zuschalten von steuerbaren erneuerbaren Energien wie Biogasanlagen oder Holzhackschnitzel-Blockheizkraftwerken. „Profitieren würden von dem neuen Vorgehen alle – Betreiber, Projektierer, die Stromkunden, die die Netzkosten bezahlen müssen, sowie die Gesellschaft, durch eine effizientere Energiewende“, so Scheurer.
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